Freitag, Juni 30, 2006

Tamagotchi Connexion – Cornershop (DS)

In den 90ern gab es ja allerhand unsinnige Trends und Mode-Erscheinungen: Leggings, NKOTB, Ninja Turtles, Magic Eye-Bücher (draufschielen und staunen), Beverly Hills 90210… Das seltsamste daran ist, dass wir sie damals ja anscheinend gut fanden, sonst wären sie nicht so erfolgreich geworden. Und jetzt will's wieder keiner gewesen sein! Ich oute mich: ja, auch ich hatte mal ein Tamagotchi. Es war zwar keins dieser original Bandai-Dinger, aber immerhin… ich war dabei!

Im Zuge einer Revival-Welle (hat jemand Donnie Wahlberg in SAW2 erkannt?) kommen einige dieser Trash-Trends selbst heute noch auf uns zurück. So ist jetzt gerade auf dem NextGen-Handheld Nintendo DS (hat mehr Rechenpower als die schuhkarton-grossen NES von damals) "Tamagotchi Connexion – Cornershop" erschienen. Ja, ich weiß – "endlich" werdet ihr schreien und ich war mir auch nicht ganz sicher ob man diese Wiederauferstehung in der Öffentlichkeit gebührend genug gefeiert hat, aber als ich las, dass das Spiel sich in seinem Heimatland Japan über 1 Million mal verkauft hat, war ich neugierig genug es mal auszuprobieren (hey, die haben schließlich auch den Gameboy erfunden!).

Natürlich habe ich das gewohnte Spielprinzip erwartet: füttern, waschen, streicheln – glücklich sein. Aber nein, hier ist es etwas anders. Wir "tauchen ein" in die wundersame Welt der Tamagotchis, in der ausgeflippte kleine Wesen leben und, wie wir, ihren Geschäften nachgehen. Ums Geschäft geht es hier auch: wir müssen nämlich mit unserem Tamagotchi verschiedene Shops führen und dabei Kunden, andere Tamagotchi-Wesen, zufrieden stellen. Allerlei unterschiedliche Shops – an der Zahl 11 - gibt es: den Juwelier, das Schnell-Restaurant, das Wellness-Spa und sogar eine Zahnarztpraxis gilt es zu wirtschaftlichem Erfolg zu führen. Wobei sich hinter den Geschäften jeweils ein Mini-Game versteckt, über das wir Punkte und somit schnöden Mammon anhäufen können. Davon kaufen wir dem lieben Tamagotchi dann Anziehsachen und Gegenstände für sein Appartement. Anstatt sich mit billigen Streicheleinheiten zufrieden zu geben, will das Tamagotchi des Jahres '06 also zu Ikea – Emanzipation auf Japanisch.

Neben dem Spa ist die Zahnarztpraxis wohl die interessanteste Attraktion im Ulk-Universum: allerlei Wesen kommen zu uns und wir müssen ihre Zahnlücken füllen, mit verschiedenen Mitteln Unreinheiten entfernen oder sogar bohren. Brauchen wir zu lange, fängt der Tamagotchi-Kunde bitterlich an zu weinen. Da hilf nur eins: die Betäubungsspritze zücken und immer rein damit. Trotzdem - schaffen wir es nicht, die Mundflora mit Hilfe der Werkzeuge aus dem Reitermenü am Bildschirmrand per NDS-Stift schnell zu behandeln, bricht der Kunde die Behandlung ab und wir stehen ohne Bezahlung da.

So laufen die meisten der Mini-Games ab, mit dem Stift und Klick'n'Drop müssen wir Geschicklichkeitsaufgaben auf Zeit erledigen. Das friemelige Gameplay hat aber durchaus Attraktivität – denn erst wenn wir einen Shop wirtschaftlich 'ausgereizt' haben, können wir den nächsten eröffnen. Die erworbenen Gegenstände kann man übrigens per NDS-Link mit anderen Spielern tauschen und neue Promotion-Wege haben die Macher auch nicht verschlafen: lässt man andere DS-Besitzer eine Demo von seinem Gerät herunterladen, bekommt man im Spiel Punkte gutgeschrieben, nicht schlecht.

Natürlich ist Tamagotchi Connexion – Cornershop für das jüngere Publikum angelegt, aber der trashige Look und die strange anmutenden Sounds wirkten auch auf mich faszinierend. Das Design stammt von den Entwicklern des Kult-Games "PaRappa The Rapper" und ist eine der herausragensten Eigenschaften von TC Cornershop – sowohl Videospiele-Sammler als auch Fans werden darum auf keinen Fall hier dran vorbeikommen. Wer ein substanzielles und auf lange Zeit motivierendes Spiel sucht, sollte aber erst mal probe zocken – ist halt "Japan-Kult"!

Mittwoch, Juni 28, 2006

Dreamfall – Traumhaft


Adventures waren im Zuge der "höher-schneller-weiter"-Entwicklung bei Computerspielen eine Zeit lang eher auf dem absteigenden Ast. Monströse Explosionen, schnelle Action und überwältigende Spielideen sollten das Publikum der Game-Fans begeistern. Mittlerweile sind Computerspiele aber nicht mehr nur für ein Spartenpublikum interessant, immer mehr "normale" Menschen finden Gefallen an Spielewelten und Ausflügen in virtuelle Abenteuer. Das Action-Adventure eignet sich da vorzüglich für, auch meine kleine Schwester kann Spaß daran finden und jeder kennt Genre-Stars wie Lara Croft. Noch dazu profitieren Adventure-Games von der unerwarteten Popularität und so kommen immer mehr Perlen auf den Markt, die die storytechnischen und grafischen Möglichkeiten ausschöpfen.

"Dreamfall" ist eines der besten Beispiele für dieses Phänomen. Als Nachfolger des 2000 in die Läden gekommenen "The Longest Journey" ist es sowohl für Einsteiger als auch für Liebhaber des Genres gedacht und macht dabei eine wirklich formidable Figur.


Die Story ist die große Stärke des Spiels – schon der Vorgänger fesselte einen mit seiner Kombination aus Sci-Fi und Fantasy stundenlang an den Bildschirm: die Protagonistin April Ryan muss das Gleichgewicht zwischen der hoch technisierten Welt "Stark" und der von Magie beherrschten Parallelwelt "Arcadia" wiederherstellen, denn eine Sekte will beide vereinen und somit das Kräfteverhältnis zerstören. So muss April zwischen den Welten hin- und herreisen und das schlimmste verhindern.



Auch in "Dreamfall" besuchen wir beide Welten. Zwar können wir auch wieder April steuern, aber die Hauptperson ist eine andere. 10 Jahre nach "The Longest Journey" geraten wir als Zoe, eine junge, sehr attraktive Frau, in eine mysteriöse Geschichte. Gerade hat sie ihr Studium und ihren Freund in den Wind geschossen und wird auch noch von seltsamen Visionen geplagt. Als sie dann für ihren Ex ein Päckchen abholen muss und in dessen Wohnung eine Leiche vorfindet beginnt ein sehr spannendes Abenteuer, welches sie rund um den Globus und auch in das mittelalterliche Arcadia führt.

Die Komplexität der Geschichte macht "Dreamfall" nicht nur zu einem prima Adventure, sondern fesselt einen sogar dermaßen an den Rechner, dass man die kleine Schwächen des Games, wie die Tastatur-Steuerung oder die teilweise etwas einfachen Rätsel gerne in kauf nimmt, nur um zu erfahren wie es weitergeht.


Noch dazu ist die grafische Präsentation wirklich sehr gut gelungen, die einzelnen Areale des Spiels sind kunstvoll und voller Phantasie in Szene gesetzt und das Gesamtprinzip des Konflikts zwischen Technik und Zauberkraft schafft eine sehr stimmungsvoll umgesetzte Atmosphäre. Auch die Synchronisation wurde nicht mal eben auf "schnell schnell" gemacht, sehr gute Synchronsprecher – wie die Deutsche Stimme von Angelina Jolie – bringen zumindest das Tüpfelchen aufs virtuelle "I".



Gut, seit dem Adventure-Urgestein "Maniac Mansion" hat sich einiges verändert, aber das nicht nur zum negativen. "Dreamfall" ist ein wirklich gut gelungenes Adventure an dem man nicht so einfach vorbeistiefeln sollte…

Links:

Dreamfall: offizielle Website

Test bei Golem